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Pflegelöhne

Verband: Scheitern des Flächentarifs nützt der gesamten Pflegebranche




Verbandwechsel in einem Altenpflegeheim
epd-bild/Jürgen Blume
Die Empörung ist groß: Die Caritas steht deutlichen Lohnerhöhungen in der Altenpflege im Weg. So lautet der Vorwurf, weil der Sozialverband seine Zustimmung zu einem flächendeckenden Tarifvertrag verweigert. Nun erklärt der katholische Pflegefachverband, dass ein Ja der gesamten Branche und ihren Beschäftigten geschadet hätte.

Der Pflegefachverband der Caritas hat das Scheitern eines flächendeckenden Branchentarifs in der Altenpflege begrüßt. Mit der Entscheidung der Arbeitsrechtlichen Kommission (ARK) des Deutschen Caritasverbandes gegen den Tarifvertrag der Bundesvereinigung Arbeitgeber in der Pflegebranche (BVAP) und der DGB-Gewerkschaft ver.di seien schwerwiegende Nachteile für die Pflege abgewendet worden, sagte der Geschäftsführer des Verbandes katholischer Altenhilfe in Deutschland (VKAD), Andreas Wedeking, dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Die Zustimmungsverweigerung zum Tarifvertrag, den BVAP und ver.di vorgelegt haben, ist richtig und wird vom VKAD als Einrichtungsfachverband des Deutschen Caritasverbandes vollumfänglich mitgetragen", erklärte er.

"Das Nachsehen in der Refinanzierung"

Die ARK der Caritas hatte am 25. Februar die Zustimmung zum Tarifvertrag von BVAP und ver.di verweigert. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte aber die Zustimmung der beiden kirchlichen Sozialverbände, Caritas und Diakonie, zur Voraussetzung dafür gemacht, dass er das Tarifwerk für allgemeinverbindlich erklären würde. Die ARK der Diakonie hatte nach dem negativen Votum der Caritas die für 26. Februar geplante Abstimmung abgesagt.

Nach der Auffassung des Verbandes katholischer Altenhilfe hätte eine Allgemeinverbindlicherklärung zur Folge, dass in den Vergütungsverhandlungen mit den Kranken- und Pflegekassen ein Tarif mit höheren Löhnen - wie sie etwa die Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) des Caritasverbandes vorsehen - "in der Refinanzierung das Nachsehen haben könnte". Die Pflegekassen würden sich weigern, die relativ hohen Löhne der Caritas bei den Pflegesätzen in voller Höhe zu berücksichtigen, so die Befürchtung. In der Folge wären "die Träger der Einrichtungen und Dienste letztendlich aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen, eine Absenkung der Löhne vorzunehmen", glaubt Wedeking.

Die Pflegekassen könnten dabei mit Paragraf 84 SGB XI argumentieren und ihn zum Maßstab machen. "Denn dort steht in Satz 2 nicht, dass grundsätzlich jeder Abschluss anzuerkennen ist. Wir befürchten also, die Grundlage unserer Finanzierungsbasis zu verlieren", erklärte Wedeking.

150.000 Altenpflegekräfte bei der Caritas

Außerdem würden durch einen Flächentarifvertrag auf Dauer alle Beschäftigten in der Pflege benachteiligt, wenn ein niedriges Lohnniveau festgeschrieben wird. Das gescheiterte Tarifwerk von BVAP und ver.di enthalte - im Unterschied zu den Regelungen für die rund 150.000 Beschäftigten in den bundesweit 3.200 Einrichtungen der Caritas-Altenhilfe - weder Überstundenregelungen noch eine betriebliche Altersvorsorge. "Seine Regelungen zielen lediglich auf Mindestbedingungen der Pflegelöhne ab", so Wedeking.

Das Thema Tarifbindung in der gesamten Pflegebranche ist nach der negativen Entscheidung der Caritas noch nicht vom Tisch. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zeigte sich am 1. März im Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages für Überlegungen offen, in Zukunft die Finanzierung von Pflegeleistungen davon abhängig zu machen, ob der Pflegeanbieter seine Beschäftigten nach Tarif bezahlt.

Lohnerhöhungen um 8,5 Prozent

Die Arbeitsrechtliche Kommission des Deutschen Caritasverbandes hat in ihrer Sitzung am 25. Februar auch eine Entscheidung zur weiteren Lohnentwicklung in den Einrichtungen und Diensten der Altenhilfe der Caritas getroffen. Danach steigen nach den Angaben des VKAD die Entgelte bis zum 1. April 2022 im Durchschnitt pro Beschäftigten um 8,5 Prozent.

Die Vergütung einer Pflegefachkraft bei der Caritas in der Einstiegsstufe wird ab 1. April 2021 ein monatliches Brutto von 3.300 Euro erreichen und sukzessive auf ein Monatsbrutto von 4.100 Euro in der letzten Erfahrungsstufe ansteigen, teilte der Verband mit. Hinzu kommen Zuschläge sowie die fast vollständig arbeitgeberfinanzierte Zusatzversorgung.

Markus Jantzer