sozial-Recht

Bundessozialgericht

Persönliches Budget für behinderte Menschen gilt unbefristet




Der Rechtsanspruch auf ein Persönliches Budget, das behinderten Menschen ein möglichst selbstbestimmtes Leben ermöglichen soll, besteht seit 2008.
epd-bild/Uwe Lewandowski
Selbstbestimmter Leben mit einem Persönlichen Budget: Behinderte und psychisch kranke Menschen müssen die Eingliederungshilfeleistung nur einmal beantragen. Für eine Befristung des Persönlichen Budgets fehlt es an der gesetzlichen Grundlage, urteilte das Bundessozialgericht.

Das für behinderte und psychisch kranke Menschen als Eingliederungshilfe gewährte Persönliche Budget darf nicht befristet werden. Zwar kann alle zwei Jahre der tatsächliche Hilfebedarf überprüft werden, eine generelle Befristung des Budgets ist aber gesetzlich nicht vorgesehen, urteilte am 28. Januar das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel. Damit muss die Hilfeleistung nicht immer wieder neu beantragt werden.

Seit 2008 besteht ein Rechtsanspruch für behinderte und psychisch kranke Menschen auf ein Persönliches Budget. Betroffene sollen mit der Geldleistung ihre notwendigen Hilfen selbst "einkaufen" können, indem sie etwa selbst Assistenzkräfte anstellen. Dahinter steht der Gedanke, dass sie selbst oft besten wissen, welche Hilfen sie im Haushalt, der Pflege oder auch bei Arztbesuchen benötigen.

Müssen sich mehrere Träger, etwa Krankenkasse, Rentenversicherung oder auch das Jugendamt die Kosten für das Persönliche Budget teilen, kann dennoch nur bei einem Kostenträger der Antrag gestellt werden. Ziel ist die Leistung aus einer Hand. Bei einem trägerübergreifenden Budget müssen sich die beteiligten Kostenträger zur Aufteilung der Leistung untereinander einigen.

Klage gegen behördliche Befristung

Im Streitfall hatte sich der Kläger aus dem Landkreis Bodenseekreis dagegen gewehrt, dass der damals zuständige Sozialhilfeträger sein Persönliches Budget befristet hatte. Ursprünglich hatte er als Eingliederungshilfe 600 Euro monatlich bewilligt bekommen. Davon bezahlte er eine Putzhilfe, aber auch Telefon, Eintrittsgelder oder auch Reparaturen an seinem E-Bike.

Als der psychisch kranke Mann auf Grundsicherung im Alter angewiesen war, kürzte der Sozialhilfeträger das Persönliche Budget auf 196 Euro, später stieg es auf 388 Euro monatlich. Die Bewilligung wurde befristet, so dass der Mann nach Ablauf erneut einen Antrag stellen musste. Es müsse schließlich überprüft werden, ob der behinderungsbedingte Mehrbedarf noch besteht, lautete die Begründung.

Doch für die Befristung gibt es keine Rechtsgrundlage, urteilte jetzt das BSG. Der Kläger müsse deshalb auch nicht immer neue Anträge für ein Persönliches Budget stellen, nur weil der zuvor festgelegte Befristungszeitraum abgelaufen ist. Allerdings könne der bestehende Bedarf alle zwei Jahre neu geprüft werden, so dass sich die Höhe der Hilfen nach unten oder oben entwickeln könne.

Nachzahlungen werden noch geprüft

Ob der Kläger wegen eines zu geringen Budgets in der Vergangenheit nun Nachforderungen stellen kann, muss noch das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg prüfen. Der Sozialhilfeträger sei nur dann zur Nachzahlung verpflichtet, wenn der Kläger in der Vergangenheit tatsächlich auch Ausgaben für seinen behinderungsbedingten Bedarf getätigt hat, befand das BSG.

Das Bundesverfassungsgericht hatte mit Beschluss vom 12. September 2016 entschieden, dass Behörden bei einem Streit um die Höhe des Persönlichen Budgets im Zweifel erst einmal auch mehr bezahlen sollten. Das gelte zumindest dann, wenn behinderte Menschen mit der Geldleistung ihre Hilfs- und Assistenzkräfte finanzieren, wegen einer erhaltenen geringeren Zahlung aber nicht mehr die Sozialversicherungsabgaben für die Beschäftigten begleichen können.

Budget ist nicht nach oben offen

Die Finanzierung "besonderer Pflegekräfte" mit Hilfe des Persönlichen Budgets in solch einem sogenannten Arbeitgebermodell ist aber nicht noch oben offen. So entschied das LSG Stuttgart am 25. September 2019, dass behinderte Menschen aus dem Persönlichen Budget keinen Lohn für die Pflege durch Angehörige bezahlen dürfen. Der behinderte Mensch dürfe zwar Pflegehilfen "einkaufen" und so "fremde" Pflegekräfte beschäftigen, nicht aber eigene Familienangehörige.

Nach dem Willen des Gesetzgebers gebe es für die Angehörigenpflege nur Pflegegeld. Zusätzlich könnten noch Aufwendungen für die Beiträge einer Pflegeperson für eine angemessene Alterssicherung erstattet werden, "soweit diese nicht anderweitig sichergestellt ist", entschied das LSG.

Auch können behinderte Arbeitgeber kein so hohes Persönliches Budget verlangen, dass ihre beschäftigten Assistenzkräfte nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) entlohnt werden, urteilte bereits das Sozialgericht Dortmund am 26. März 2012. Hier sei der Sozialhilfeträger wegen des Wirtschaftlichkeitsgebotes nicht verpflichtet, die Pflege- und Assistenzkräfte auf der Grundlage des TVöD zu finanzieren.

Az.: B 8 SO 9/19 R (Bundessozialgericht Befristung)

Az.: 1 BvR 1630/16 (Bundesverfassungsgericht)

Az.: L 7 SO 4668/15 (LSG Stuttgart Angehörigenpflege)

Az.: S 62 SO 5/10 (Sozialgericht Dortmund)

Frank Leth