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Flüchtlinge

Beratung und Rechtsschutz auf Sparflamme




Beratung von Flüchtlingen, wie hier bei der Caritas in Köln, ist derzeit kaum möglich.
epd-bild/Joern Neumann
Die Corona-Pandemie bleibt auch für Flüchtlinge nicht ohne Folgen. Obwohl viele dringend auf fachliche Beratung angewiesen sind, haben Betroffene mit drastischen Auswirkungen der Krise zu kämpfen. Asylverfahren verzögern sich, Gerichte und Behörden arbeiten massiv eingeschränkt.

Suchen Asylbewerber derzeit rechtlichen Rat, so stehen sie häufig vor einem neuen Problem. "Wegen der Corona-Pandemie sind viele Flüchtlingsberatungsstellen nur noch per Telefon und E-Mail erreichbar. Das ist schon aufgrund der Sprachbarriere schwierig“, sagte Maria Bethke, Referentin für Asylverfahrensberatung und Erstaufnahme der Diakonie Hessen, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Auch der erforderliche Rechtsrat vom Anwalt sei schwieriger zu erhalten. Denn auch viele Kanzleien erlaubten zurzeit keine persönliche Vorsprache von Klienten.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) wollte dieser Situation Rechnung tragen. Schon seit 23. März sollten bis auf eng definierte Ausnahmen keine negativen Bescheide mehr versendet werden. In einem Schreiben an die Bundesrechtsanwaltskammer kündigte die Behörde an, ab dem 20. April nur in jenen Verfahren Bescheide zuzustellen, bei denen ein Flüchtling bereits von einem Anwalt vertreten wird. Ab dem 4. Mai ist von der Behörde die Rückkehr zum regulären Verfahren anvisiert.

Behörde weiß um Probleme

"Wir sind uns bewusst, dass es angesichts der gegenwärtigen Einschränkungen des öffentlichen Lebens für Antragstellerinnen und Antragsteller schwierig sein kann, eine Rechtsberatung oder anwaltliche Vertretung in Anspruch zu nehmen beziehungsweise Rechtsmittel gegen Bescheide des Bundesamts einzulegen“, heißt es in dem Schreiben der Behörde.

Tatsächlich bekommen laut Bethke aber dennoch Flüchtlinge immer wieder Bescheide des BAMF. Jonathan Leuschner, Fachanwalt für Migrationsrecht aus Frankfurt am Main berichtet, dass auch während der coronabedingten Einschränkungen und zum Teil sogar noch nach einer ersten Ankündigung des BAMF im März, den Versand von ablehnenden Entscheidungen vorerst auszusetzen, eine Reihe solcher negativen Entscheidungen bei ihm eingegangen seien. Dabei sei es kein Problem, den Versand der Bescheide auszusetzen, bis die Lage der Corona-Pandemie sich etwas beruhigt habe, so der Jurist.

Auch zu "normalen" Zeiten führt ein zugestellter Bescheid des BAMF nicht selten zu Problemen. "Üblicherweise kommen die Betroffenen persönlich in die Sprechstunde einer Flüchtlings-Beratungsstelle“, sagte Bethke. Hier gelte es erst einmal Vertrauen zu schaffen. Und den oft Traumatisierten die weiteren Schritte des Verfahrens zu erklären.

Geübte Praxis funktioniert nicht

"Auch wenn ein Dolmetscher dabei ist, behelfe ich mir zur Visualisierung von kritischen Punkten oft mit einem Blatt Papier, auf dem ich etwa bestimmte Behörden oder einzuhaltende Fristen aufmale", berichtet Leuschner. Mit der Arbeit im Homeoffice gehe aber all das nicht mehr. Jetzt würden die Bescheide abfotografiert und per E-Mail versandt. Mit den Anfragen allein per Telefon oder E-Mail sei die anwaltliche Beratung schwieriger geworden, weiß der Anwalt. Denn der persönliche Kontakt könne bei den häufig sehr bewegenden Fluchtgeschichten schlicht nicht ersetzt werden.

Die fehlenden persönliche Begegnung führt laut Bethke oft zu ganz praktischen Problemen, etwa wenn eine Unterschrift nötig ist. Wer keine Möglichkeit habe, ein Dokument auszudrucken, müsse es per Post erhalten, was bei den kurzen Klagefristen von einer oder zwei Wochen oft mit dem Risiko der verspäteten Zustellung verbunden sei.

Die Einschränkungen wegen der Pandemie haben jedoch nicht nur Auswirkungen auf die Dauer des Asylverfahrens im BAMF. „Auch der Familiennachzug ist derzeit nicht möglich und die Familienzusammenführung im sogenannten Dublin-Verfahren wurde gestoppt", sagte Bethke. Dabei können Familienmitglieder, die in unterschiedlichen EU-Ländern einen Asylantrag gestellt haben, beantragen, dass alle zusammen in nur einem Land das Verfahren durchlaufen müssen.

Kommt ein Streit mit den Behörden, etwa wegen eines abgelehnten Asylantrags oder einer Duldung vor Gericht, dauert auch das nun erheblich länger. Denn die zuständigen Verwaltungsgerichte arbeiten ebenfalls nur eingeschränkt. "Die Eilverfahren werden aber weiterhin bearbeitet", sagte Leuschner.

Das Bundesverwaltungsgericht kündigte nach mehreren Corona-Infektionsfällen der Mitarbeiter und Richter unterdessen an, ab Montag, den 20. April, seinen regulären Sitzungsbetrieb wieder aufnehmen zu wollen.

Frank Leth