

Berlin, Frankfurt a.M. (epd). Die Arbeiterwohlfahrt Frankfurt steht im Fall Feldmann unter Druck. Jetzt hat der AWO-Bundesverband alle beteiligten Mandatsträger des Kreisverbandes aufgerufen, ihre Ämter so lange ruhen zu lassen, bis alle Untersuchungen abgeschlossen seien. Das lehnt der Kreisverband jedoch ab. Für bundesweite Aufmerksamkeit sorgen die Vorwürfe, Zübeyde Feldmann habe als Kita-Leiterin im Dienst der AWO ein deutlich zu hohes Gehalt bezogen und zudem noch einen teuren Dienstwagen bekommen. Doch es gibt wohl noch mehr Mitarbeiter mit teuren Dienstwagen.
Der Kreisverband ist auch wegen anderer Vorwürfe in Erklärungsnot. Es geht um überteuerte Reisen, Mobbing und angeblich abgerechnete Leistungen, die nicht erbracht wurden, weshalb die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen aufgenommen hat.
Das AWO-Präsidium in Frankfurt zieht bereits Konsequenzen und will auch das Gehaltsgefüge prüfen. Es versprach nach einer Sondersitzung am 3. Dezember zudem "transparente Aufklärung". Zwei ehrenamtliche Revisoren haben unterdessen ihren Rücktritt eingereicht. Ulli Nissen, eine der Revisoren und SPD-Bundestagsabgeordnete, sagte der FAZ: "Die Revision ist für uns als Ehrenamtliche nicht mehr in der Tiefe zu leisten."
Anlässlich dieser "Vorfälle" hatte Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender des AWO-Bundesverbandes, erklärt, man werde nicht zulassen, "dass die gute Arbeit der vielen Ehrenamtlichen in den Ortsvereinen der AWO in Frankfurt gefährdet wird und die AWO insgesamt in Verruf gerät". Er erwarte "eine vollständige Aufklärung aller öffentlich gewordenen Vorwürfe gegenüber den Ortsvereinen und der Öffentlichkeit".
Stadler: "Die beteiligten Mandatsträger des Kreisverbandes müssen ihre Ämter ruhen lassen, damit eine unbeeinflusste Aufklärung erfolgt." Das sorgt nun für Ärger an der Basis. Zwei Frankfurter Ortsvereine wiesen die Einflussnahme aus Berlin mit klaren Worten zurück.
Der Vorsitzende des Frankfurter AWO-Präsidiums, Ansgar Dittmar, kündigte ebenfalls an, der Weisung aus Berlin nicht Folge zu leisten. "Das Eingreifen des Bundesvorstandes ist kontraproduktiv für unsere Transparenzoffensive", sagte der Sozialdemokrat lokalen Zeitungen. Und er fügte hinzu: "Wir müssen jetzt weiterarbeiten." Im ersten Quartal 2020 wolle man dann regulär einen neuen Vorstand wählen. Ablehnend äußerten sich auch mehrere AWO-Ortsverbände.
OB Feldmann bestreitet die Vorwürfe, auf die Bezahlung seiner Frau irgendeinen Einfluss genommen zu haben: "Auf die Gestaltung der Arbeitsverträge bei der AWO, auch des Vertrags meiner Frau, einschließlich Bezahlung und Dienstwagenregelung, habe ich keinen Einfluss genommen", sagte er. Von der Höhe des Gehaltes seiner Frau sowie dem Dienstwagen will der Oberbürgermeister nichts gewusst haben.
Die Frankfurter Sozialdezernentin Daniela Birkenfeld (CDU) hat inzwischen angeordnet, einen Teil der Zuschüsse an den Kreisverband der AWO einzubehalten. Dabei gehe es um mehrere Hunderttausend Euro. Es handele sich um die Verwaltungspauschale, die mit zehn Prozent der Personalkosten und einem Sockelbetrag veranschlagt werde, so eine Sprecherin des Sozialdezernats am 30. November.
"Diese Verwaltungspauschale behalten wir jetzt ein. Wir zweifeln daran, dass die städtischen Mittel den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit entsprechend verwendet werden und wollen Einblick in die Unterlagen der AWO", hieß es.
Zuvor hatte die Frankfurter AWO bereits beschlossen, auf die Vorwürfe mit einer Transparenzoffensive zu reagieren. Das beschlossene Maßnahmenpaket umfasst unter anderem, einen externen Compliance-Officer zu bestellen. Dieser solle ab 1. Januar 2020 seine Arbeit aufnehmen und mit weitgehenden Befugnissen ausgestattet werden.
Er soll sowohl die internen Kontrollorgane ergänzen als auch als Ombudsmann neutrale Anlaufstelle für Hinweisgeber sein. So können Beschäftigte künftig tatsächliche oder auch nur vermeintliche Verfehlungen anonym melden. Hinweisen soll grundsätzlich nachgegangen werden. Mit diesem Schritt gehe die AWO Frankfurt über den bundesweit geltenden AWO-Governance-Kodex hinaus. "Auch wenn wir davon überzeugt sind, dass die Vorwürfe entkräftet werden, haben wir der Staatsanwaltschaft selbstverständlich unsere volle und uneingeschränkte Kooperation zugesichert", unterstrich AWO-Vorsitzender Dittmar.
Peter Feldmann sieht sich auch wegen seiner Stelle bei der AWO unter Druck, die er vor seiner OB-Wahl 2012 innehatte. Beschäftigt war er damals bei der Johanna-Kirchner-Stiftung der AWO. Vorher war er Leiter eines AWO-Altenheimes in Darmstadt-Eberstadt. Es wird behauptet, die Stelle bei der Kirchner-Stiftung in Frankfurt sei eigens für Feldmann geschaffen worden, damit er seinen OB-Wahlkampf vorbereiten konnte. Nach seiner Wahl wurde der Posten ersatzlos gestrichen.
Das bestreitet Dittmar im Interview mit der "Frankfurter Rundschau": "Feldmann wurde als Belegungsmanager wegen seiner guten Kontakte eingestellt. Wir hatten damals erhebliche Probleme, unsere Häuser auszulasten. Das hatte mit Sanierungsstau zu tun. Wir haben von seinem Netzwerk sehr profitiert." Auch dass die Stelle nach seinem Weggang wieder verschwand, sei erklärbar, "weil Feldmann seine Aufgabe erledigt hatte".