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Popakademie fördert chronisch kranke Musiker




Die Aktion Luftsprung an der Mannheimer Popakademie unterstützt chronisch kranke Musiker.
epd-bild/Aktion Luftsprung
Alle haben ein Ziel: professionell Musik machen. An der Mannheimer Popakademie unterstützt die Stiftung "Aktion Luftsprung" chronisch kranke Musiker auf ihrem Weg zum Erfolg. Sie haben bereits eine Band gegründet.

Am liebsten spielen sie Rock und Pop: Die Mitglieder der "Luftsprung live"-Band verbindet die Leidenschaft fürs Musikmachen. Sie haben viel vor in den nächsten Monaten. Höhepunkt soll das geplante Jahresabschlusskonzert im Sommer an der Popakademie Mannheim werden, bis dahin stehen noch drei Probenwochenenden an. Das ist auch eine Herausforderung: Denn die Bandmitglieder sind alle chronisch krank.

"Manche kranke Musiker können einfach nicht so lange durchhalten wie nicht kranke Musiker und brauchen während eines Konzertes regelmäßige Pausen", erklärt Ulrich Hartmann, Initiator der Band, die es seit dem vergangenen Juli gibt.

Berufsmusiker mit Mukoviszidose

Hartmann ist Berufsmusiker, hat Jazzschlagzeug studiert und seinen Master an der Mannheimer Popakademie gemacht. Er wirkt wie ein gesunder Mann, doch er leidet an der genetisch bedingten Stoffwechselerkrankung Mukoviszidose, die vor allem die Atemwege beeinträchtigt. Hartmann muss jeden Tag Medikamente nehmen und inhalieren. Dazu kommt ein Diabetes, die ihn müder macht als gesunde Menschen.

Auch Bassist Chris Beck ist an Mukoviszidose erkrankt. "Es ist spannend, wenn man sich mal zwischen den Proben austauscht und hört, den anderen geht's ganz ähnlich wie dir selbst", sagt er. Was ist die "Aktion Luftsprung" für ihn? "Ein Netzwerk aus vielen Menschen, die sich trotz Handicap nicht davon aufhalten lassen, weiter an ihren Träumen zu arbeiten." Beck: "Das führt dazu, dass man sich recht schnell heimisch fühlt."

Das Förderprogramm "Luftsprung live" wird unterstützt von der Popakademie Baden-Württemberg. Es geht auf eine Initiative der im Jahr 2012 gegründeten Stiftung "Aktion Luftsprung" zurück, die jedes Jahr Stipendien an chronisch Erkrankte vergibt. Vier Musiker wurden im vergangenen Jahr an der Popakademie Mannheim aufgenommen. In Workshops werden sie von professionellen Musikern geschult und bekommen kostenlosen Zugang zu einer Musik-Schulung übers Internet.

"Möglichkeit, Gefühle auszudrücken"

"Jeder weiß, wie schwierig es ist und dass wir alle mal Pause brauchen zwischendurch", erzählt Dominik Shahabi-Saad. Er leidet an einer sogenannten Autoinflammatorischen Erkrankung, der eine von Geburt an bedingte Fehlregulierung des Immunsystems zugrunde liegt. Er ist einer der beiden Sänger in der Band. "Es nimmt dir keiner übel, keiner guckt dich schräg an, wenn du müde bist."

Pianist Bastian Kämpfer ist Muskeldystrophie-Patient und auf einen Rollstuhl angewiesen. Wenn ein Aufzug fehlt, tragen ihn die Bandmitglieder die Treppen hoch. "Musik war für mich eine Möglichkeit, Gefühle auszudrücken", sagt Kämpfer.

Bassist Beck spürt manchmal, wenn viel Nebel auf der Bühne versprüht wird, dass seine Atemwege sich verengen. "Ich versuche auch immer, Atemtherapien mit Musik zu verbinden, was natürlich auf Dauer anstrengend sein kann", sagt er. "Das hält mich aber nicht davon ab, auch mal so lange es geht aus einer Trompete ein paar Töne herauszuholen." Doch, sagt er, "glücklicherweise merke ich bei Konzerten recht wenig von meiner Erkrankung".

Mindestens genauso spannend seien für ihn aber auch die Gespräche zwischen den Proben. Zu hören, dass es vielen in manchen Situationen ähnlich geht: "Dass man mit seinen Sorgen einfach nicht so allein ist, das kann ungemein befreiend sein."

Hartmanns Ziel ist es, einen Musikerpool von chronisch kranken Musikern aufzubauen, die von professionellen Musikern gecoacht werden. "Und aus dem wir weitere Bands rekrutieren und so Aufmerksamkeit schaffen können", sagt er. Denn: "Bei uns muss man sich nicht erklären und rechtfertigen, weil wir unsere Krankheiten kennen."

Ralf Schick